Nach meiner California-Tour mit Suntrek bin ich am Sonntag vor einer Woche von Los Angeles losgefahren, mit dem Ziel, in zwei Tagen in Palo Alto zu landen. Unterwegs auf den rund 400 Meilen (ca. 650 km) machte ich natürlich verschiedene Stopps entlang des Highway 1, welcher auf weiten Strecken direkt an oder in der Nähe der Pazifik-Küste entlang führt. Die Aussicht war einfach genial, egal ob fahrend oder an einem Rastplatz stehend. Ausserdem machte ich einen kurzen Stopp im Besucherzentrum des Hearst Castle, um dort einen IMAX-Film über das Leben von William Randoph Hearst und den Bau seines Schlosses zu sehen (siehe http://www.hearstcastle.org/). Und am ersten Abend erreichte ich dann Big Sur, wo ich mir ein Hotel suchen wollte. Leider war das vom Lonely Planet vorgeschlagene bereits ausgebucht und mein zweiter Versuch scheiterte am viel zu hohen Preis von 450.- Dollar für eine Nacht. Da es ausserdem bereits anfing dunkel zu werden, entschloss ich mich die billigste Variante zu wählen, parkte meinen Wagen neben der Strasse und schlief gleich dort im Schlafsack.
Am nächsten Morgen kletterte ich dann runter ans Ufer und genoss das Frühstück auf den Klippen. Nach einer kurzen Fahrt durch Big Sur machte ich dann gleich nochmals Halt, um in der Gegend etwas wandern zu gehen. Auch dabei kam ich wieder an wunderschönen Landschaften vorbei, ich freue mich bereits, euch nächste Woche die entsprechenden Bilder zeigen zu können. Auf der Weiterfahrt nach Palo Alto legte ich dann noch zwei weitere Stopps ein: In Pacific Grove für das Mittagessen und gleich daneben in Monterey, um die alte Hafenstadt anzuschauen. Am Abend erreichte ich dann Stanford, wo ich dann auf Nora traf. Eigentlich wollte ich ja erst nur eine Nacht dort beleiben, aber erstens war ich von der Suntrek-Tour immer noch nicht ganz erholt (Die Nacht im Auto war auch nicht gerade erholsam), zweitens wollte ich noch etwas mehr sehen von Stanford und drittens wurde ich am ersten Abend dort noch nicht fertig mit meinem Blogupdate. Also nutzte ich die Gelegenheit und blieb für zwei Nächte im absolut schrägen und märchenhaften Haus von Nora, welches von rund 15 Leuten bewohnt wird. In Stanford habe ich neben den bereits im letzten Eintrag gezeigten Sachen auch noch die Merchandising-Abteilung der Uni gesehen (etwa so gross wie eine Denner-Filiale) und eine Chorprobe des Uni-Chors mit Orchester mitangehört.
Nachdem ich also wieder etwas erholt war, wollte ich am nächsten Tag weiter bis Eureka fahren. Bereits unterwegs musste ich dann aber feststellen, dass die Distanz wohl zu gross war und ich irgendwo davor eine Übernachtung einlegen muss. Viel gibt es zu diesem Tag eigentlich nicht zu sagen, ausser dass ich mein Auto etwas malträtierte. Dazu kam es, da ich bei ziemlich schönem Wetter mit offenen Fenstern fuhr und sich daher irgendein fliegendes Gedings in mein Auto verirrte. Dieses Insekt lenkte mich in einer Kurve ab und ich kam zu nahe an den rechten Strassenrand. Dummerweise stand genau dort eine Tafel, welche die Meilen auf der Strecke angibt. Diese Tafel machte Bekanntschaft mit meinem rechten Aussenspiegel und dieser dann mit dem Strassengraben. Nachdem ich den Wagen von der Strasse gefahren und den Schaden begutachtet hatte, war ich dann doch ziemlich froh, dass ich eine Vollkasko abgeschlossen hatte, denn neben dem fehlenden Spiegel hatte auch der Lack einiges abbekommen. Ich rief dann von einem Strassentelefon (Netzabdeckung für das Handy war keine vorhanden) die Polizei und diese meinten lediglich, ich solle mich in den nächsten zehn Tagen auf einem Highway-Patrol-Posten melden. Aber zuerst einmal fuhr ich noch weiter bis Fort Bragg, um mich dort in einem Motel einzuquartieren.
Auch der nächste Tag fand vorwiegend im Auto statt. Nördlich von Eureka ging ich dann noch auf dem Posten vorbei, wo ich einen Rapport ausfüllen musste und eine Kopie davon für die Autovermietung erhielt. Von dort gings dann weiter nach Crescent City, der nördlichsten Stadt Kaliforniens am Pazifik. Dort machte ich halt im billigsten und daher auch am meisten runtergewirtschafteten Motel meiner Reise. Für 40 Dollar inkl. Tax gabs immerhin ein Zimmer mit Dusche und WC, einem grossen Bett, Fernseher und einen Parkplatz. Es sah einfach so aus, als sei seit den 60ern nichts mehr ersetzt oder repariert worden und die Brandlöcher in der Bettdecke zeugten von einer Zeit vor der Gesetzesänderung, welche das Rauchen in öffentlichen Gebäuden, also auch Hotels und ähnliches, verbietet.
Am nächsten Morgen ging ich auf einen Besuch in den Jedediah Smith Redwoods State Park, um dort einen weiteren riesigen Baum zu finden, den Boy-Scout-Tree. Diesen wollte ich als alter Pfadfinder natürlich nicht verpassen. Der Weg dorthin war aber nicht ganz einfach, insbesondere für mein Auto, da ich auf ungeteerten Strassen unterwegs war. Und obwohl ich vom Parkplatz noch gut eine Stunde wandern musste, auf Wegen die öfters mal zum klettern "anregten", sah das Auto nachher schlimmer aus als meine Wanderschuhe. Also legte ich in Grants Pass, Oregon nicht nur eine Tank- und Mittags-, sondern auch eine Autowaschpause ein. Frisch gestärkt und geputzt gab ich dann etwas Gas und durchquerte den ganzen Staat Oregon, um am Abend in der Nähe von Castle Rock am Silver Lake anzukommen. Dort fand ich dann als Kompensation zum billigen Motel am Vorabend, eine nette kleine Lodge am See.
Am nächsten Morgen stand ich bereits um halb fünf auf, um am Ufer des Sees den Sonnenaufgang hinter dem Mount St. Helens zu sehen und natürlich auch zu photographieren. Danach gab es ein kleines Frühstück, bevor ich mich auf den Weg machte zum Fusse des Mount St. Helens. Dieser Vulkan explodierte 1980 und verlohr dabei rund einen Viertel seines Volumens. Heute zeigt er sich also als Berg mit einem gewaltigen Krater. Angekommen, wurde ich überrascht von einem speziellen Anlass, der jedes Jahr kurz vor dem Jubiläumsdatum durchgeführt wird. Dies ist meistens der Fall, wenn der letzte Schnee von der Strasse hoch zum Besucherzentrum weggeräumt ist. Ich hatte aber keine Lust einfach hochzufahren, sondern ich wollte die ziemlich unwirklich scheinende Landschaft langsam und aus der Nähe geniessen. Also liess ich mein Auto auf einem Parkplatz etwas weiter unten und wanderte ca. 2.5 Stunden hoch bis zu diesem Zentrum. Zuvor genoss ich aber am Fusse des Vulkans noch eine von einem Biologen geführte Tour, welcher uns erklärte, wie sich die Vegetation um die nach der Explosion entstandenen Seen und Tümpel langsam wieder hochgekämpft hat. Nach einem Rundgang durchs Besucherzentrum nahm ich dann den Weg zurück zum Auto unter die Füsse, welcher dann doch etwas schneller bewältigt wurde, da es ja nun runter ging. Wieder beim Auto angekommen hiess es weiterfahren bis Aberdeen, zurück an der Pazifik-Küste. Denn eigentlich wollte ich am nächsten Tag noch den Olympia National Park besuchen. Als ich dann aber nochmals meinen Zeitplan durchgerechnet hatte, entschied ich mich bereits am nächsten Tag nach Seattle zu fahren und dort zwei Nächte in einem Hostel zu bleiben.
Vor meiner Ankunft in Seattle stand dann aber noch ein anderer Punkt auf dem Programm, den ich als Physiker nicht verpassen wollte: Eine Fahrt über die Tacoma Narrows Bridge. Wer nun keine Ahnung hat, wovon ich hier spreche, der schaue sich das folgende YouTube-Video an: http://www.youtube.com/watch?v=HxTZ446tbzE . In Seattle angekommen und eingecheckt, machte ich mich auf, die Seattle Space Needle zu besuchen, gebaut 1961 für die Weltausstellung. Gleich daneben besuchte ich dann auch noch das EMP (Experience Music Project). Leider war das Museum bereits zu, aber schon wegen des Baus, gebaut von Frank Gehry, war es einen Besuch wert.
Am zweiten Tag in Seattle machte ich nochmals einen Abstecher zu Tacoma Brücke, da ich am Vortag keine Lust hatte, um für ein paar Photos einen Halt einzulegen. Dies musste aber natürlich noch nachgeholt werden. Zurück in Seattle gab ich dann mein Auto ab und war doch sehr erstaunt über die trotz Unfall sehr schnelle Rückgabe. Scheinbar deckte meine Versicherung wirklich alles. Am Nachmittag genoss ich eine Stadtführung der besonderen Art. Denn eigentliches Ziel der Führung war der Untergrund von Seattle. Wie mir dann dort erklärt wurde, brannte Seattle anno 1889 zu einem grossen Teil nieder. Um eine Wiederholung dieses Unglücks zu verhindern, wurde die Stadt deshalb aus Stein wieder aufgebaut. Ausserdem entschied man sich, die Stadtteile am Westufer in die Höhe zu verlegen, um sie vor Überschwemmungen zu schützen. Dies passierte aber nur Schrittweise und aus heutiger Sicht in einer eher komischen Reihenfolge. Erst wurden nämlich die Häuser am selben Ort wie vor dem Brand wieder errichtet. Dann wurden an den Strassenrändern Mauern hochgezogen, welche bis zum ersten Stockwerk reichten. Der Raum zwischen diesen Strassen wurde dann mit allem möglichen Material aufgefüllt und oben mit einem Belag versehen. Nun hatte also Seattle in diesem Gebiet Trottoirs auf Parterre-Höhe und Strassen auf Höhe des ersten Stocks. Damit also Fussgänger die Strasse überqueren konnten, mussten sie auf der einen Seite auf einer Leiter hoch- und auf der anderen wieder runterklettern. Erst nach einigen Jahren wurden dann auch die Trottoirs in die Höhe verlegt, wobei man einfach Stahlträger von den Häusern zur Strasse zog und diese Abdeckte. Darunter befanden und befinden sich noch heute die alten Wege, welche man eben auf dieser Underground-Tour besichtigen kann.
Nach bereits zwei Nächten in der Stadt des Grunges hiess es bereits weiterfahren nach Vancouver, Kanada. Dabei hatte ich die Möglichkeit zwischen Bahn und Bus zu wählen. Ich entschied mich als GA-Besitzer für die Bahn und wurde nach meinen tollen Bahn-Erfahrungen in Japan doch ziemlich enttäuscht. Natürlich wusste ich bereits, dass die amerikanischen Eisenbahnen (in meinem Fall Amtrak) nicht gerade Weltklassniveau erreichen würden, aber dass sie gleich so schlecht sind hätte ich echt nicht gedacht. Damit ihr in etwa versteht, was ich meine hier ein paar Ausschnitte aus meiner Reise: Dauer der Reise: über vier Stunden, für nicht einmal 250km Strecke; eine halbe Stunde lang war der Zug mit sagenhaften 15km/h unterwegs, Erklärung des Zugbegleiters: Es hat rote Ampeln auf der Strecke!; Nachdem ich mein Ticket online gekauft hatte, musste ich es erst am Bahnhof an einem Automaten ausdrucken, was ich ja noch nachvollziehen kann, danach musste ich aber trotzdem noch in einer Schlange anstehen, um meine Platzzuweisung zu erhalten, welche in Form eines kleinen Stickers auf die Rückseite meines Tickets geklebt wurde; In Vancouver angekommen durften wir alle noch rund eine Viertelstunde sitzen bleiben, bis die Zugbegleiter das eingecheckte Gepäck auf dem Perron in einer Reihe aufgestellt hatten. Nun weiss ich jedenfalls wieder, weshalb ich gerne mit der SBB unterwegs bin. Während den über vier Stunden Fahrt hatte ich übrigens Zeit ein paar Zahlen zu recherchieren:
SBB | Amtrack | |
Streckennetz | 3'011 km | 35'800 km |
Passagiere/Jahr | 320 Mio. | 25 Mio. |
Anzahl Bahnhöfe | 804 | 500 |
Züge/Tag | 1500 | 300 |
Mitarbeiter | 28'000 | 21'000 |
Die letzten zwei Tage an der Pazifikseite verbrachte ich dann in Downtown Vancouver und im angrenzenden Stanley Park. Den Tag meiner Ankunft nutzte ich um das Gebiet nördlich meiner Unterkunft zu besuchen. Dabei kam ich von Chinatown über das Junkie- und Freakviertel an der Hastings Street direkt in die attraktive Gastown, und all dies in gerade mal 15 Minuten. Das Junkie-Viertel kann man sich als Schweizer in etwa wie den Letten Anfang der 90er Jahre vorstellen, dort wird direkt auf der Strasse gedealt und gefixt. Aber der Chef vom Hostel meinte, es bestehe keine Gefahr für "fremde" Leute, bis jetzt sei noch nie was passiert. Trotzdem hatte ich irgendwie nicht das Bedürfnis auch nachts durch diese Gegend zu spazieren. Am zweiten Tag machte ich eine Tour zu Fuss durch ganz Downtown Vancouver und wollte dann eigentlich am Ende der Tour ein Rad mieten, um von dort den Stanley Park zu erkunden. Leider fand sich an der angegebenen Adresse weder ein Fahrradverleih noch sonst irgendeine Spur eines Fahrrads. Also nahm ich halt auch die rund 8km um den Park zu Fuss in Angriff und nutzte dabei das schöne Wetter um immer mal wieder einen Stopp einzulegen, etwas zu essen und zu trinken oder einfach etwas in einem Buch zu lesen. Leider waren die zwei Tage viel zu kurz, ich wäre gerne noch länger in dieser Stadt geblieben. Aber es wartete eben bereits der Flug nach New York, wo ich Dennis, einen guten Kollegen ("Freund" für alle Deutschen ;-) aus Olten treffen würde.
Über meine Zeit in New York und die Reise via Washington nach Boston schreibe ich bald mehr. Also, stay tuned.